Kapitel 1: Löcher in den Tasten

Angeblich intelligenter als der Durchschnitts-Doc, aber ohne universitären Abschluss, bestreite ich mein ärmliches Dasein bestimmt schon seit 20 Jahren hauptsächlich durch das Abtippen irgendwelcher Daten, Texte oder sonstiger alphanumerischer Ergüsse Zahlender Zeitgenossen.

Aber was hätte ich durch nen Abschluss in Germanistik und Medienwissenschaften schon gewonnen? - Die mehr oder weniger reizvolle Aufgabe, mich als Geisteswissenschaftler mehrere hundert Male zu bewerben und dann doch nur abschlägige Antworten zu bekommen? Den Taxischein hätte ich danach auch machen können und mich dann mit den Kollegen Dr. phil. Meyer und Co. in den Pausen über die Bitterkeit der Welt austauschen können. Am Taxistand.

Oder ich könnte vorziehen, meine Tasten nicht mehr klappern zu lassen.

Allerdings hänge ich irgendwie viel zu sehr an diesem einen, verpfuschten (?) Leben, an der jahreszeitlichen Abfolge, die mit dem Frühling beginnt, an den Bäumen, die ich schon von kleinauf eifrig pflanzte und überhaupt *g*

Meine Nächsten muss ich noch unbedingt erwähnen, denn an denen hänge ich natürlich auch - wo sie sich doch derart viel Mühe mit mir gegeben haben und mich noch immer nicht aufgaben.

Gagaga klang das jetzt. Hm. Irgendwie bin ich auch wieder so weit abgeschweift. Äh, das *g* bedeutet vermutlich soviel wie "Gegrinse" oder sowas; ich lerne diese Internetsprache gerade mehr oder weniger nebenbei. Jedenfalls sollte es hier um die Löcher in den Tasten gehen, glaube ich. Steht jedenfalls im Header.

Ich atme durch und gebe mir also Mühe, meine verehrten Leser (und Leserinnen) nicht zu enttäuschen: Reibung, Abrieb, Löcher ... so entstehen Löcher in den Tasten. Ohne die Erfindung von Schreibmaschine oder Computer wären die Löcher vermutlich in Füllfederhaltern oder Gänsekielen entstanden, aber wer schreibt denn noch mit sowas?

Äh, Kalligraphie kommt vielleicht auch noch irgendwann, aber ich schweife nicht schon wieder ab. Na jedenfalls hab ich schon zwei Tastaturen löchrig geschrieben: die erste war die meines PCs mit dem 286er-Prozessor, auf der ich meinen Studienkram und diverses Private verzapfte und die zweite die von der Spedition, in der ich seit fast zehn Jahren festsitze. Ist son internationaler Konzern mit lustigen Silbertafeln an den Wänden, wieviel die für die Belegschaft tun, wie toll es mit der Weiterbildung ist und sowas - tja, ich arbeite als Teilzeitler und da ist das eh ganz anders.

Puh, gerade noch die Kurve gekriegt. Wäre ja schon wieder ein anderes Thema geworden. Na jedenfalls reicht schon so ein Telefonbuch einer Großstadt, sagen wir mal der Landeshauptstadt von NRW - und wenn Sie das abgetippt haben, dann hängt das "e" nur noch am seidenen Faden. Den Buchstaben auf der Taste kann man sicher nicht mehr entziffern, und Sie lernen dreidimensional von Tag zu Tag kennen, wie so eine Taste eigentlich aufgebaut ist. Erst tippen Sie nämlich die Grundplatte weg und dann kommen bei besseren Tastaturen noch die darunter gegossenen Strukturen zur Versteifung zu Tage.

Versteifung kommt vielleicht anders auch noch irgendwie, aber ich lass das erst mal im statischen Rahmen, denn ich habe keine Lust, als Tausendsassa auch noch indiziert zu werden - von wem auch immer. Na jedenfalls ist unter der Grundplatte der Taste manchmal noch ein Ring, der die Statik verbessert. Wenn die Grundplatte durch ist, hängt sie also noch an diversen Plastik-Fäden, die alle in der Mitte auf einen meistens kreuzförmigen Steg zulaufen, der den Tipp-Impuls dann endlich an den unten angebrachten Schalter oder an die Plastik-Folien übermittelt. Schalter war damals, heute sind die ultraleichten Tastaturen meistens mit Folien ausgestattet, die sofort ganze Tasten-Spalten flachlegen, wenn mal etwas Flüssigkeit hineingelangt.

Spalten kommen vielleicht auch noch irgendwann als Thema, aber vermeiden Sie unbedingt, Ihre Tastatur mit Kaffee zu düngen; Ihren Pflanzen bekommt der - sofern ungesüßt - viel besser. Mit Zucker und Milch sollten Sie ihn aber austrinken oder wegkippen, denn sonst schimmelt es schnell im Blumentopf.

Na jedenfalls habe ich mittlerweile fast zwei Landeshauptstädte abgetippt - also im Verhältnis. Leider waren meine Daten nicht so abwechslungsreich wie die im Telefonbuch, aber auch das ist eine andere Geschichte und ich überlege mal, ob überhaupt und falls ja, dann wie, ich diesen ganzen Kram noch einbauen soll und/oder kann.